Weddinger Kinderfarm geräumt

Foto: Ralf Lutter
Foto: Ralf Lutter

Die vor 33 Jahren in der Luxemburger Straße gegründete und sehr beliebte Weddinger Kinderfarm ist von der Jugendstadträtin Sabine Smentek (SPD) gewaltsam geräumt worden. Dutzende Unterstützer, darunter auch Mitglieder der Linken, hatten sich mit Sprechchören und Sitzblockaden auf der Kinderfarm versammelt und das Gelände besetzt.  Aufgrund eines von der Jugendstadträtin erwirkten Räumungstitels ließ die Gerichtsvollzieherin jedoch die Schlösser der Tore aufbohren. Danach stürmten Bereitschaftspolizisten in Kampfmontur zwischen weinenden Kindern und laut protestierenden Erziehern und Unterstützern die Kinderfarm.  Einige Unterstützer wurden gewaltsam nach draußen bugsiert.

„Wer so mit Kindern umgeht, gehört in den Knast!“ sagt Siggi Kühbauer, der die Weddinger Kinderfarm gegründet hat und seitdem leitet. Er nennt die Aktion eine gewaltsame Enteignung und kündigt alle Rechtsmittel sowie eine Dienstaufsichtsbeschwerde an.

Das Jugendamt hatte Ende März 2015 dem Verein Weddinger Kinderfarm e.V. gekündigt und jede Förderung eingestellt. Grund dafür sollen formale Abrechnungsprobleme bei Fördergeldern für Tiernahrungsrechnungen sein. Wegen nicht eingehaltener Abrechnungsfristen ließ die Stadträtin den Räumungstitel vollstrecken, obwohl über eine Berufung des Vereins noch nicht entschieden worden war.

Diese von Missachtung geprägte Handlungsweise steht in schroffem Gegensatz zur erfolgreichen und unterstützenswerten Kinder- und Jugendarbeit der Weddinger Einrichtung. Die Kinderfarm hat mit ihrem Projekt für den Kiez und auch weit darüber hinaus mit einem wichtigen Angebot zur kreativen und sozial engagierten Freizeitgestaltung der Kinder und Jugendlichen beigetragen.

In einem „Offenen Brief“ an die Bezirksverordneten der BVV Mitte hat die BO Wedding der Linken bereits im Mai 2015 darauf hingewiesen, dass der Verein in den zurückliegenden Jahren sehr vielen Weddinger Kindern und Jugendlichen geholfen hat, Verantwortung und Mitbestimmung zu lernen. „Sieht so der Dank für die jahrzehntelange aufopferungsvolle Arbeit der Mitarbeiter und Vereinsmitglieder aus?  Haben sich die Vertreter der Parteien des Bezirkes, besonders in Wahlkämpfen, gern mit dieser Einrichtung geschmückt und auf den Feiern der Weddinger Kinderfarm in Sonntagsreden ihre Unterstützung und Solidarität zugesagt, so ist das offensichtlich völlig in Vergessenheit geraten. Für das Bezirksamt scheint jetzt die Zeit gekommen zu sein, den engagierten Leiter der Weddinger Kinderfarm loszuwerden: Siegfried Kühbauer, der sich nicht nur für die Interessen der Kinder und Jugendlichen, die das Angebot der Weddinger Kinderfarm wahrnehmen, einsetzt, sondern darüber hinaus ein kämpferischer Vertreter für die Einhaltung des Berliner Ausführungsgesetzes (AG KJHG) war und ist. Hierin heißt es: ‚Der nach § 79 Abs.2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch angemessene Anteil für die Jugendarbeit hat mindestens 10 vom Hundert der für die Jugendhilfe bereitgestellten Mittel zu betragen.‘  Dieses Engagement ist dem Bezirksamt schon seit Jahren lästig, da es nicht willens ist, sich an diese Vorgaben zu halten. Man meint, sich mit dem Rauswurf des Trägervereins Weddinger Kinderfarm e.V. einen Widersacher, der sich nicht mit dem gesetzwidrigen Verhalten des Bezirks abfinden will, vom Hals zu schaffen.“
Rainer Scholz