Ein Bundespräsident hat`s schwer

Eine vergleichende Betrachtung zum Hartz IV–er

von Bernhard Tornow

Ein Bundespräsident und ein Hartz IV-er haben vieles gemeinsam. Beide haben das aktive Wahlrecht. Sie dürfen wählen, können es aber auch lassen. Eine Wahlpflicht gibt es in unserer Republik nicht!
Beide haben auch das passive Wahlrecht und könnten sich wählen lassen. Nur hat der Hartz IV-er den Makel, ein solcher zu sein. Darum würde er nicht, außer von der Partei DIE LINKE, als Kandidat für ein öffentliches Amt, aufgestellt.

Ein Bundespräsident kann nach dem Ausscheiden aus dem Amt zwar einen Antrag auf Hartz IV stellen, bekäme diesen allerdings nicht bewilligt, denn als VIP ist sein Folgesalär aus Steuergeldern einfach zu hoch. Ein echter Nachteil. Ein Erwerbsloser im ALG-I-Bezug hat dagegen immer noch das aktive Wahlrecht. Er darf entscheiden, ob er den Antrag auf Anerkennung als Hartz IV-er stellt. Ergo: Selbst Schuld, wer sich als Hartz IV-er bewirbt!

Ein Bundespräsident und der Hartz IV-er werden beide aus Haushaltsmitteln finanziert. Das Einkommen des Bundespräsidenten ist etwas höher als das des Hartz IV-er. Verständlich, weil da das Marktgesetz von Angebot und Nachfrage gilt. Den Bundespräsidenten gibt es nur einmal, Hartz IV-er millionenfach.

Ein Bundespräsident und ein Hartz IV-er müssen von Rechts wegen geldwerte Vorteile bekanntgeben. Das schmälert das Einkommen für’s Auskommen des Bundespräsidenten nicht. Ein Hartz IV-er muss sich jede zusätzliche Einnahme auf seine nunmehr 374 € monatlich anrechnen lassen. Ein Hauch von Reichtum könnte sich ja beim Hartz IV-er breit machen, wenn er beispielsweise 400 € geschenkt bekommt und die nicht angibt.

Ein Bundespräsident bzw. eine Person (ohne Hartz IV-Status!), die ein hohes öffentliches Amt bekleidet, bekommen von Kreditinstituten, ganz selbstverständlich vorteilhaft Geld geliehen, zum Beispiel, um sich ein Haus zu kaufen. Ein Hartz IV-er hat erst gar keine Möglichkeit, an einen Hauskauf überhaupt zu denken. Wenn er Kredite aufnimmt, dann solche bei Versandhäusern, weil ihm die Waschmaschine kaputtgegangen ist oder der Staubsauger und das Leben schließlich weitergehen muss, auch wenn er die Raten nur mühsam von dem wenigen was er bekommt abstottern kann.

Ein Bundespräsident und ein Hartz IV-er dürfen prinzipiell nicht schwindeln oder gar lügen, wenngleich das Schwindeln und Lügen ja schon zur Natur des Menschen gehört.  Ein Bundespräsident, der schwindelt oder lügt, bekommt Ärger mit der Presse. Sein Einkommen als Bundespräsident bezieht er aber weiter, selbst dann, wenn er nur noch Zeit hat, sich mit seinen persönlichen Schwindeleien und Lügen zu befassen und die eigentlichen Aufgaben als Repräsentant  der Bundesrepublik durch sein Dienstpersonal erledigen lässt. Wenn es hart auf hart kommt, tritt er einfach zurück und kassiert seine üppige Pension. Das heißt dann: Er übernimmt die Verantwortung! Schwindelt oder lügt ein Hartz IV-er, ist er selber schuld, wenn ihm von den 374 € dreißig, fünfzig oder gar hundert Prozent gestrichen werden. Er handelt verantwortungslos, Strafe muss sein. So ist es eben: Ein Bundespräsident trägt die Verantwortung für sein Handeln, ein Hartz-IV-er die Kosten.

Ein Bundespräsident und ein Hartz IV-er haben laut Grundgesetz das Recht, sich einen privaten Wohnsitz zu suchen, wo es ihnen beliebt. Denkt man. Aber die Bundesregierungen unter SPD, Grünen, CDU/ CSU und FDP haben für Hartz IV-er Gesetze und Ausführungsbestimmungen erlassen, die diese Freiheit anders definieren. Der Hartz IV-er muss sich deshalb erst eine Genehmigung vom Jobcenter holen, wenn er den Wohnsitz wechseln möchte.

Ein Bundespräsident und ein Hartz IV-er genießen das Recht auf private Mobilität und Reisefreiheit. Allerdings muss sich ein Bundespräsident aufgrund der Wichtigkeit seines Amtes auch bei Privatfahrten und Reisen zu Recht beschützen lassen, kann aber dennoch frei entscheiden, wohin er will.  Ein Berliner Hartz IV-er hat so lange Mobilitätsfreiheit, wie er das Stadtgebiet nicht verlässt. Verlässt er das Stadtgebiet ohne Abmeldung, wird er bestraft. Ein Berliner Hartz IV-er kann für seine innerstädtische Mobilität eine verbilligte Monatskarte zu 34,50 € kaufen. Aber dann zahlt er drauf, denn im Regelsatz stehen ihm laut Bundesregierung für Verkehr nur sagenhafte 22,78 € zu. Die Differenz von 11,72 € kann er sich schließlich vom Munde absparen, denn wer sagenhafte 4,28 € pro Tag buchstäblich verfressen darf, hat diese lächerliche Differenz locker zur Hand. 3 Tage Fasten schützt vor Verfettung  – die Bundesregierung sorgt sich eben!

Unser Grundgesetz sagt:
„Die Würde des Menschen (also auch die des Bundespräsidenten und des Hartz IV-er)  ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Die Bundesregierung hat diese Verpflichtung (zugunsten der Reichen dieses Landes) besonders ernst genommen, den besonderen Schutzbedarf vom Hartz IV-er erkannt und besonders würdelose Gesetze zu seinem Schutz geschaffen. Denn Menschenwürde heißt bei allen jenen, die das Sagen haben in unserem Staat und deshalb auf Kosten des Steuerzahlers genug haben zum Leben: Was kümmert mich das Elend anderer, seht zu, wie Ihr klarkommt, Schmarotzer!

„Na geht doch!“ denkt da der mündige Bürger.

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