Keine Spaltung in der Jugend der Berliner LINKEN!

von Georg Frankl

Der Erfolg des Projektes der LINKEN besteht in der – historisch betrachtet – seltenen Situation, dass Linke aus verschiedenen Traditionen und Organisationen sich auf freiwilliger Grundlage zu einer gemeinsamen Formation zusammengeschlossen haben. Zusammen konnten wir Erfolge erringen, die wir getrennt nie erreicht hätten, und linken Inhalten eine weithin wahrnehmbare Stimme geben. Das gilt für die Partei DIE LINKE ebenso, wie für ihren Jugendverband Linksjugend [’solid] und ihren Studierendenverband Die Linke.SDS. All diese Vereinigungsprozesse haben die Beteiligten damals viel Mühen gekostet und ihnen Kompromisse abgerungen. Das Zusammenwachsen ist auch noch lange nicht abgeschlossen. Trotzdem können wir sagen, dass wir seither stärker sind, als wir es zuvor waren. Das sollten wir nicht aufs Spiel setzen.

Das Desaster der Abgeordnetenhauswahl hat ein Problem der Berliner LINKEN offen zutage gebracht: Sie konnte unter Erst- und Jungwählern gerade einmal magere 8% einfahren. Die Politik der LINKEN in den letzten Jahren und die Abgeordnetenhaus-Wahlkampagne konnten die Berliner Jugendlichen offensichtlich kaum überzeugen. Das ist bitter und muss sich ändern, wenn die Partei in der Hauptstadt eine Zukunft haben soll.

Dass DIE LINKE grundsätzlich weniger attraktiv für junge Menschen sei, lässt sich nicht belegen. In Frankfurt/Main fuhr die OB-Kandidatin der LINKEN, Janine Wissler, vor kurzem mit 3,8% ein insgesamt eher mageres Ergebnis ein, konnte aber im Bereich der Jungwähler über 10% der Stimmen auf sich ziehen. Ihr Wahlkampf war dabei am Kampf gegen Mietenexplosion, Fluglärm, Schuldenbremse, Sozial- und Arbeitsplatzabbau ausgerichtet und nicht in erster Linie auf Jugendliche. Dieses Beispiel zeigt, dass es ist durchaus möglich ist, mit dem Kernprofil der LINKEN Jugendliche anzusprechen.

Die Verantwortung für das dürftige Abschneiden bei den Berliner Jugendlichen nun bei Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS zu suchen, wäre billig und falsch. Erstens haben sich viele Mitglieder der beiden Verbände am Wahlkampf der LINKEN beteiligt und zweitens wählen auch Jugendliche eher nach Inhalten als nach dem Alter derjenigen, die Plakate aufhängen oder hinterm Infostand stehen.

Dennoch muss die fehlende Bereitschaft bei einigen Jugendlichen aus Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS zur Aktivität im Wahlkampf Anlass zur Sorge und Diskussion sein, doch Denunziation bringt uns an dieser Stelle kein Stück weiter. Im Übrigen war dieses Phänomen auch nicht auf Jugendliche beschränkt, vielmehr gab es im gesamten Landesverband Schwierigkeiten, Mitglieder zu aktivieren. Die Diskussion ist vor allem nötig, weil diejenigen Mitglieder, die zögerten oder sich dem Wahlkampf sogar verweigerten, politische Argumente ins Feld führten, in denen vor allem Unzufriedenheit und Frust über die Politik des Rot-Roten Senates, der Abgeordnetenhausfraktion und des Landesvorstandes zum Ausdruck kam. Wenn sie selbst nicht von der Politik der Berliner LINKEN überzeugt waren, wie konnten sie andere überzeugen?

Seit der Neugründung fehlt es in der Berliner LINKEN an einem organisierten Austausch zwischen der Landespartei und ihren Jugendstrukturen. Der Landesvorstand zeigte in den vergangenen Jahren so gut wie kein Interesse an den Aktivitäten der Linksjugend [’solid] und an Die Linke.SDS – und umgekehrt gilt das auch. Man denke nur an die beiden bundesweiten Kongresse von Die Linke.SDS in Berlin 2008 und 2009, an denen jeweils hunderte Berliner Jugendliche teilnahmen, die vom Landesverband der LINKEN aber kaum wahrgenommen wurden, geschweige denn unterstützt. Was in allen anderen Landesverbänden und auf Bundesebene gang und gäbe ist – z.B. aus den Jugendstrukturen nominierte Mitglieder des Landesvorstandes oder KandidatInnen aus den Jugendstrukturen auf aussichtsreichen Listenplätzen – gibt es in Berlin nicht. De facto arbeiten DIE LINKE, Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS in Berlin eher nebeneinander statt miteinander.

Das gilt es zu ändern. Umso verstörender aber erscheint die Initiative von einigen Jugendlichen aus dem Umfeld der Führung des Landesverbandes zu einem neuen „Netzwerk junger GenossInnen“ in der LINKEN. Dieses Netzwerk will außerhalb der offiziellen Jugendstrukturen der Partei jugendliche Mitglieder zusammenbringen – der Landesvorsitzende und die Schatzmeisterin kündigten bereits an, Geld aus dem Topf für die Jugendstrukturen nun auch für solche Initiativen zur Verfügung stellen zu wollen. An sich ist eine Initiative, Jugendliche in und um die Partei stärker zu vernetzen und in einen organisierten Austausch zu treten, grundsätzlich zu begrüßen. Wer jedoch in diesem neuen Netzwerk die Frage nach dem Verhältnis zu den offiziellen Jugendstrukturen stellte und auf die Regelungen in der Satzung der Partei hinwies, wurde sogleich rausgeworfen. Es steht nun die Vermutung im Raum, dass hier – mit Rückendeckung aus der Führung der Landespartei – eine Alternative zu den offiziellen Jugendstrukturen aufgebaut werden soll. Das wäre nicht nur ein Verstoß gegen die Parteisatzung, sondern auch ein deutlicher Affront – wenn nicht sogar ein Angriff – gegen die Mitglieder und Strukturen von Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS, in denen die Führung der Landespartei bislang keine ihr genehmen politischen Mehrheiten organisieren konnte.

Die Stärke der LINKEN liegt im gemeinsamen Agieren, nicht im sich Spalten. Krise und Kriege, Naziterror, Bildungs- und Sozialabbau belegen die Notwendigkeit gemeinsamer Gegenwehr. Die Berliner Landesverbände von Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS sind pluralistisch und bieten genügend Raum für junge und studierende LINKE aus verschiedenen Strömungen, sich gemeinsam zu vernetzen und zu organisieren. Es ist überhaupt nicht nötig, sondern vielmehr schädlich, sich außerhalb der bestehenden offenen Strukturen eine neue Suppe zu kochen.

Eine Konsequenz aus dem Wahlergebnis sollte die Verbesserung der Kommunikation und eine engere Zusammenarbeit zwischen Landesvorstand und Jugendstrukturen sein. Dazu gehört auch, Kritik ernst zu nehmen und Auseinandersetzungen politisch auszutragen. Es ist die Aufgabe der Parteiführung, die Aktivitäten von Die Linke.SDS und Linksjugend [’solid] zu fördern und sie – bei Respektierung ihrer Eigenständigkeit – stärker in das Leben und die Politik der Partei zu integrieren. Umgekehrt sind aber auch die Jugendlichen angehalten, sich stärker in die Diskussionen um Politik und Strategie und in die Aktivitäten der Berliner LINKEN einzubringen, denn ihr Niedergang wäre eine Katastrophe für alle Linken in Berlin. Keine andere Organisation von vergleichbarem Einfluss auf die Bevölkerung hat ähnlich klare Positionen gegen Neoliberalismus und Bellizismus. Eine weitere Schwächung der LINKEN würde ganz andere Kräfte in der Stadt stärken. Nur gemeinsam können wir es schaffen, wieder eine starke und gesellschaftlich verankerte LINKE aufzubauen.

Der Autor ist Mitglied im Studierendenverband DIE LINKE.SDS und im Bezirksverband Charlottenburg-Wilmersdorf der LINKEN.

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